Sie ist es, die unsere Umwelt in den Kreislauf des Lebens gebracht hat und uns einen Teil der Verantwortung abgibt.
30 Grad warme Luft, um uns einige Jeeps mit laufendem Motor. Ich bin in der Masai Mara, einem der wichtigsten Naturschutzgebiete Afrikas und wir haben eine Gepardenkatze mit 7 Welpen vor unserer Linse. Ich bin nicht alleine, es ist regelrecht ein touristisches Aufkommen bei dieser Attraktion. Immerhin sind hier rund 0,1% des Weltbestandes aller freilebenden Geparden zu sehen. Richtig in Afrika leben noch ca. 7.000-8.000 Tiere des schnellsten Landraubtieres der Welt. Ich bin hier, um Aufzeichnungen zu machen – nicht nur von den Geparden, sondern auch von den Menschen. Wie verträglich sind diese Besuche, wie funktioniert so ein Nationalpark und was ist der natürliche Hintergrund. Unsere Gruppe unterscheidet sich von den anderen, weil sie eben auch meine Hintergründe kennt. Eines haben wir sicherlich gemeinsam: Alle vor Ort sind begeistert. Der Schein trügt ein wenig, da ich weiß, dass 95% der Gepardenwelpen das 1. Lebensjahr in der Masai Mara nicht überleben werden. Die Jungtiersterblichkeit ist hier natürlich und das liegt unter anderem auch daran, dass es in der Mara aktuell keinen Platz mehr für weitere Geparden gibt, denn die Reviere sind voll mit Raubtieren. Erst, wenn ein Revier frei wird, durch den Tod eines anderen Tieres, bekommt jemand Neues eine Chance zu leben – das sind die Gesetze der Natur. Viele andere werden dies niemals verstehen oder akzeptieren. Ein Nationalpark ist begrenzt und kann nur sicher betrieben werden, wenn Eintrittsgelder fließen, um die Flächen nachhaltig ökonomisch und ökologisch unter Schutz zu stellen. Außerhalb der Nationalparks wundern sich meine Mitreisenden oft, dass sie keine Tiere zu Gesicht bekommen. Die Erklärung ist jedoch einfach: Es gibt hier keine mehr.
150 Autostunden oder 10.000 km entfernt vom Kenya Wildlife Service liegt unser Wildlifeservice-Büro in Deutschland. In unserer Zentrale leben Buschbabys. Diese kleinen Affen stammen aus einer Beschlagnahmung und haben bei uns ein neues Zuhause gefunden und sie fühlen sich mit ihrem Nachwuchs pudelwohl. Jeder Mensch hat wohl Vorbilder und ja, auch ich, und eines der Vorbilder ist sicherlich Bernhard Grzimek, ehemaliger Direktor des Frankfurter Zoos und ein Mensch, der mit dafür gesorgt hat, dass die Mara als Teil der Serengeti vor rund 50 Jahren unter Schutz gestellt wurde und den Status eines Nationalparks verliehen bekommen hat. Nun bin ich 30 Jahre alt und ja, Bernhard Grzimek hatte auch Buschbabys, war ebenfalls, wie ich, Zoologischer Leiter – er in Frankfurt und ich im Safariland Stukenbrock. Etwas Weiteres, ganz Besonderes haben wir gemeinsam: Wir lieben Geparden.
Geparden haben im Safariland in Stukenbrock schon lange ein Zuhause. Mit der Zucht klappte es aber viele Jahre lang nicht. Zugegeben, es ist nicht einfach, diese Katzen zu züchten und ein Patentrezept gibt es dafür nicht. Erfahrungen konnten wir aber schon zusammentragen, und zwar sind die Tiere mehr als wählerisch, unter Freunden läuft bei diesen Tieren nichts. Und eines wurde mir während der Recherche immer bewusster: Es gibt nur noch wenige Geparden in europäischen Tierparks und viele davon sind schon sehr alt. Die Zoolandschaft in Mitteleuropa kenne ich durch die ganzen Tiertransporte natürlich sehr gut, und für Geparden wäre in vielen Einrichtungen durchaus noch Platz, um sie zu halten – als Back-up-Population für eine nicht größere Gepardenanzahl in Afrika, wie die Anzahl an Einwohnern in einem kleinen Dorf in Deutschland. Mich lassen solche Gedanken einfach nicht mehr los. Ich grüble Tag und Nacht über solche Dinge und wenn ich etwas möchte, dann tue ich alles dafür, Lösungen zu finden, um diesen Traum zu verwirklichen. Niemals sonst hätte ich auf Elefanten in Thailand reiten können und wäre einer der letzten Jung-Elefantentrainer in Deutschland geworden. Die Geparden-Geschichte ließ mich jedenfalls nicht mehr los. Zu lange war es her, dass die letzten Welpen in einem deutschen Tierpark geboren wurden. Mein Traum, in Stukenbrock im Safariland, in einer von Europas größten Gepardenanlagen auch Geparden aufwachsen zu sehen, stand fest. Nach hunderten Telefonaten fand ich „Tabo“ und Uwe. Uwe Wilhelm ist der Besitzer vom Arche Noah Zoo Braunschweig und „Tabo“ hieß sein schon älterer Gepardenkater. Ob er es noch einmal tun würde in seinem Alter? Das wussten wir, die Wilhelms, die Familie Wurms aus Stukenbrock und ich natürlich nicht. Alle waren sich einig: Ohne es zu probieren, würden wir es nie erfahren.
Es war die letzte Chance und nachdem ich „Tabo“ nach Stukenbrock transportiert hatte, begann eine einzigartige Liebesgeschichte. „Sarah“, damals selbst schon im hohen Gepardenalter, verguckte sich in den tollen „Tabo“. Es gab Nachwuchs und das mehrfach. Das Gefühl für alle Beteiligten war großartig und für die Geparden in Tierparks eine Rettung, um hier wieder zusammen mit der Zoopopulation einen größeren Bestand aufzubauen.
Es ist mittlerweile fünf Jahre her und bisher kam jedes Jahr ein neuer Tierpark mit in unser neues Geparden-Zuchtprogramm und wir versuchen immer weiter unser Glück, wodurch schon über 15 Jungtiere geboren wurden.
Unsere Geparden fühlen sich wohl. Sie bekommen ordentliches Futter, haben tiergerechte Gehege und können sich fortpflanzen, sogar ganz ohne den Druck von anderen Raubtieren, und es gibt Besucher, eben ganz wie in Afrika. Es liegt in unserer Verantwortung, die Umwelt mit Respekt zu behandeln und das, was Menschen zerstört haben, wieder in die richtige Bahn zu lenken. Eben wie Mutter Natur zu denken und Gutes zu tun, wie es zum Beispiel Bernhard Grzimek getan hat. Dazu gehört es eben auch, dass z.B. Ziegen und Hühner getötet werden, damit Geparden leben können. Der Vorgarten der Natur hat einen Sinn, und zwar bedeutet er Arterhalt. Auf ganzer Linie haben Zoos als fachkundige Experten eben genau diese Verantwortung. Mit Zookritikern gehe ich gerne in den Dialog – mit Tierhaltungsgegnern dagegen nicht. Sie behaupten beispielsweise, Raubtiere könne man nie wieder auswildern, da sie nicht jagen könnten. Ich beweise euch das Gegenteil: Und zwar haben wir in den letzten zwei Jahren mit der Westpommerschen Natur-Gesellschaft über 40 Luchse aus deutschen Zoos in Polen ausgewildert. Die Weibchen vom Vorjahr haben bereits selbst Nachwuchs aufgezogen – ganz wild und frei. Ich konnte Teil davon sein und ein Teil der Luchse hat sogar den Weg nach Deutschland gefunden und kann hier wild und frei leben. Eine über 80%ige Erfolgsquote bei der Auswilderung ist der Beweis für die gute Arbeit des Teams vor Ort und der glatte Beweis für einen einzigartigen Erfolg für den Europäischen Luchs.
Und glaubt mir, ich glaube das, was ich sehe und das, wofür ich Beweise habe. Irgendwann wildern wir noch ganz andere Tiere wieder in ihren ursprünglichen Gebieten aus und retten sie somit vor dem Aussterben. Es ist ein Traum von mir, daran mitzuarbeiten und ihr wisst ja, was das bedeutet:
Folge der Wildnis… egal wohin!
Markus Köchling